Exposé zum Film

Der Dokumentarfilm DIE META-MORPHOSE portraitiert vier außergewöhnliche Persönlichkeiten, die neben ihrer seelischen Erkrankung und einem Leben jenseits der Norm vor allem eines verbindet: Die Frankfurter META-BAND. Dieses besondere Musikprojekt wurde 1997 ins Leben gerufen – von Bewohnern des Meta-Quarck-Hauses, einem Wohnheim für psychisch kranke Menschen. Über die Jahre ist die Band ihren Mitgliedern zum wichtigen Halt in wirren Zeiten geworden, zum Sprachrohr in die Außenwelt, zum Symbol eines Ringens um Normalität. Und trotz Psychosen und Psychiatrieaufenthalten ist die Gruppe heute aktiver denn je und hat sich vor kurzem einem für sie ganz besonderen Ziel verschrieben: Nach 15 Jahren Bandgeschichte fiebern die Musiker ihrem ersten öffentlichen Auftritt entgegen.

 

Jenseits des Bandgeschehens, das den Roten Faden der Erzählung bildet, zeigt der Film differenzierte Charaktere, die im alltäglichen Kampf um ein Stück Normalität erstaunliche Überlebensstrategien und Talente entwickelt haben und ihr Leben in Form von packenden Geschichten zwischen Humor und Tragik, zwischen kindlicher Naivität und tiefgründiger Weisheit reflektieren. Eine über zweijährige Drehzeit machte es möglich, den Figuren besonders nah zu kommen, sie feinfühlig zu portraitieren und von ihren Zielen und Träumen, Verletzungen und Ängsten, Schicksalsschlägen und Erfolgserlebnissen zu berichten. Der Film zeigt seine Protagonisten teils isoliert und allein, teils im Miteinander ihres sozialen Umfelds, begleitet sie bei der (umstrittenen) Einnahme von Medikamenten, der (eingeschränkten) Arbeits- und Freizeitgestaltung und weiteren Momenten ihres Alltagserlebens. Diese Erzählstränge verweben sich nach und nach mit dem Gruppenerleben der META-BAND, das vor allem durch die intensive Vorbereitung der Musiker auf ihr großes Konzertvorhaben bestimmt wird.

 

Denn diesmal soll er nun klappen, der Open-Air-Auftritt auf dem Rödelheimer Parkfest, der vor Jahren schon einmal angedacht war, damals aber an der Dünnhäutigkeit einiger Bandmitglieder dramatisch scheiterte. Jetzt will sich die Band endlich im eigenen Stadtteil einem kritischen Publikum stellen und damit sich selbst und „denen da draußen“ beweisen, dass sie über die Jahre gewachsen ist, dass sie den „Normalos“ etwas mitzuteilen hat und weit mehr ist, als eine dahindämmernde „Klinik-Kapelle“. Doch die verschiedenen Krankheitsbilder der Musiker lassen auch kleine Ziele zu großen Herausforderungen werden – und so sind die regelmäßigen Bandproben, eine vorbereitende Musikfreizeit, ein Radioauftritt und weitere Stationen auf dem Weg zum Ziel genauso von überdurchschnittlicher Leidenschaft wie von außergewöhnlicher Ernsthaftigkeit und starken Selbstzweifeln geprägt.

Diese „Heldenreise“ lässt den Betrachter bis zum Schluss mitfiebern – nicht zuletzt, da die Führung der Handlung stark an die emotionale Entwicklung der Figuren angelehnt wird, die einem in ihrer entwaffnenden Offenheit schnell ans Herz wachsen: Etwa Sängerin Rita Keiner (54 J.), die ihren Kopf als „Kreativ-Werkstatt“ beschreibt und ihre Psychose im Schreiben von schrillen Science-Fiction-Romanen reflektiert. Oder Pianist Roland Böhlig (51 J.), der früher erst wilder Rocker, dann Krishna-Jünger war und dessen manische Rastlosigkeit heute erst schwindet, wenn er als „Kompositions-Vorsitzender“ der Band nächtelang einsam an seinem Keyboard nach Fragmenten für neue Songs forscht. Und Perkussionist Jörg Mades (35 J.), der „Lego-Man“, der mit bunten Bausteinen nicht nur phantasievolle Gebilde, sondern auch eigene Kopfwelten entstehen lässt, dessen schwerer Krankheitsverlauf ihn aber selbst im Wohnheim oft zum Außenseiter macht – aufgrund seiner steten Nervosität wurde ihm gerade erst eine „Band-Pause“ verordnet. Sie alle eröffnen tiefe Einblicke in eine sonst sehr verschlossene Welt: Das Leben im Sog der Psychose. Dabei entmystifizieren sie ein nach wie vor tabuisiertes Thema, berichten schonungslos direkt von ihrer „Psycho-Karriere“ und ihrem ganz persönlichen Weg aus der Krise. Wie Schlagzeuger Klaus Veith (52 J.), der heute ganz bewusst keine Psychopharmaka nimmt, stattdessen Tag für Tag in einem alten Bunker gegen seine Angststörung antrommelt und mittlerweile als einziges Bandmitglied unbetreut leben kann – zusammen mit Freundin Birgit, die ihn im Kampf gegen die Krankheit liebevoll stützt.

 

Der Film lebt durch seine Protagonisten und deren emotional vorgetragenen kleinen und großen Geschichten, die über das vordergründige Bandgeschehen hinausgehen, die bewegen und zum Nachdenken anregen. Denn während der Handlung verschwimmen Grenzen zwischen Normalität und Wahnsinn, zwischen Leid und Leidenschaft. Nach und nach setzt ein Perspektivwechsel ein, drängt sich die Frage auf „was ist normal, was ist verrückt?“, lassen die Darsteller althergebrachte Maßstäbe ins Wanken geraten. Doch wird die META-BAND auch ihr „kleines großes“ Ziel erreichen? Sind die Musiker diesmal stark genug, um den Auftritt in Rödelheim zu bestreiten oder waren die vielen Stunden im Proberaum vermeintlich umsonst? So oder so werden am Ende des Films mutige Helden stehen, deren unbeugsam-würdevolles Wesen tief beeindruckt.

Die Stilmittel im Film verschreiben sich voll und ganz der Sinnlichkeit des Themas: Subjektive Kameraperspektiven, schräge, atmosphärische und abstrakte Bilder vermitteln psychotisches Empfinden, Naheinstellungen von Gesichtern, Blicken, Gesten beschreiben das Wesen der Figuren. Reichhaltiges Drehmaterial aus dem Alltag der Protagonisten wird ergänzt durch privates Bildmaterial, ein Wechsel zwischen langen, ruhigen Szenen und schnell geschnittenen Sequenzen verstärkt das emotionale Geschehen, ebenso wie die Musik der META-BAND, die den Soundtrack der Geschichte bildet. Neben statischen Interviews schaffen situative Erzählungen und nicht planbare Momente Nähe zu den Figuren und deren Erleben, ergänzende O-Töne aus dem persönlichen Umfeld der Protagonisten geben der Geschichte zusätzlich Tiefenschärfe. Auf einen Kommentartext aus dem Off wurde bewusst verzichtet. 

Director´s note

„Endlich normale Menschen...?!“, das ging mir manchmal durch den Kopf, als ich meine Protagonisten in der Vorproduktionszeit kennen und schätzen gelernt habe – starke Persönlichkeiten, die mir in ihrem Dasein abseits der Norm erstaunlich „normal“ erschienen und tradierte Normen schnell ins Wanken brachten. Und so erzählt DIE META-MORPHOSE nicht nur von einer besonderen Band und von einzigartigen Menschen, sondern stellt auch die Frage „was ist normal, was ist verrückt?“

 

Roland Böhlig sagt im Film: „Ich kann nicht mithalten beim Wolkenkratzer bauen!“ Das muss er auch nicht – denn er und die weiteren Protagonisten haben so viele andere herausragende Gaben, die beeindrucken, bereichern und eindringlich deutlich machen, dass psychisch Kranke mitten in die Gesellschaft gehören. Und davon erzählt der Film auch in seinem „Roten Faden“, dem Streben der META-BAND in die Öffentlichkeit.

 

Ich denke, DIE META-MORPHOSE ist ein außergewöhnlicher Film über außergewöhnliche Menschen geworden – nicht zuletzt, indem es die über zweijährige Drehzeit möglich machte, den Darstellern besonders nah zu kommen, sie für sich selbst sprechen zu lassen, emotional dargebotene Geschichten einzufangen und plastische Portraits von starken Charakteren zu zeichnen, die einen tiefen Eindruck hinterlassen.

 

DANIEL SIEBERT

Regisseur "Die Meta-Morphose"

Pressestimmen

"Eine Dokumentation, die weit hinausgeht über das, was das Genre üblicherweise bietet. (...) Tiefe, berührende Einblicke in das Leben und Erleben psychisch kranker Menschen."

FRANKFURTER RUNDSCHAU

Regisseur Daniel Siebert portraitiert seine Protagonisten feinfühlig und erlaubt dem Zuschauer Einblicke in ihren Alltag und ihr Gefühlsleben. Wie ein Krimi gestaltet sich in diesem bewegenden und erhellenden Dokumentarfilm schließlich der Countdown zum ersten öffentlichen Auftritt der „Meta-Band“. (...) Der Film zeigt die Verwandlung oder „Meta-Morphose“ der Meta-Band auf unterhaltsame, aufklärende und anrührende Art und Weise.

FILMECHO | FILMWOCHE

"Der Dokumentarfilm begleitet die Musiker während ihrer intensiven Vorbereitungen auf ihren ersten öffentlichen Auftritt. Der Zuschauer fiebert mit und drückt die Daumen, dass niemand krankheitsbedingt ausfällt. Ein Film, der ein ernstes Thema behandelt, ohne dabei selbst schwer zu werden."

FILMFEST EMDEN-NORDERNEY

(Programmheft)